Biografie

Die Wichtigkeit der Biografie

Der Begriff “Biografie” stammt aus dem Griechischen. “Bio” bedeutet “das Leben”, “Grafie” bedeutet “Schrift”. Die Biografie ist die Lebensgeschichte eines Menschen. Jeder hat seine ganz individuelle und einzigartige Lebensgeschichte.

Um die Demenzerkrankten richtig begleiten zu können, ist ein biografisches Arbeiten von großer Wichtigkeit. Biografische Informationen helfen uns, individuell auf die Bedürfnisse und Wünsche des Demenzerkrankten eingehen zu können. Je mehr wir über die uns anvertraute Person wissen, desto besser können wir sie unterstützen.

Uns ist klar, dass vielleicht nicht alle Fragen beantwortet werden können. Wir freuen uns aber über jede Information, die uns hilft, Ihre Angehörige besser zu verstehen. Ihre Angaben unterliegen dem Datenschutz und sind nur zugänglich für die Mitarbeiter/innen, die Ihre Angehörige betreuen.

Ohne Berücksichtigung lebensgeschichtlicher Hintergründe bleiben Bedürfnisse von Menschen mit Demenz oft unerkannt oder werden falsch interpretiert – was dann zu einer Reduzierung ihres subjektiven Wohlbefindens führen kann. Durch das Wissen und eine effektive wie auch sensible Nutzung bedeutsamer “Anker” (z. B. wichtige Personen, beruflicher Werdegang, Hobbys, etc.) gelingt es, eine Beziehung aufzubauen und Situationen emotional und positiv zu gestalten. Mit den Informationen aus der Biografie sind wir in der Lage, wichtige Ressourcen von Menschen mit Demenz zu fördern, das Erleben und Ausdrücken von Emotionen bis ins späte Stadium der Erkrankung zu erhalten.

Um Erinnerungen lebendig zu halten und wieder in die Vergangenheit eintauchen zu können, benötigen Demenzkranke die Hilfe von anderen. Sie brauchen Zuhörer, die sich für ihre Lebensgeschichte interessieren. Aus den biografischen Informationen ergeben sich Möglichkeiten und Anreize, um schöne Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen, selbst wenn die Vergangenheit nur bruchstückhaft und nur für kurze Zeit reaktiviert werden kann. Diese Momente des Erinnerns sind sehr bedeutend für die Gefühlswelt des Erkrankten. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte gibt ihnen Sicherheit und Selbstachtung.

Um die Erinnerungen Ihrer an Demenz erkrankten Angehörigen lebendig zu halten, können Sie zum Beispiel Schlager aus der alten Zeit gemeinsam anhören oder singen. Ein besonderer Anreiz um Erinnerungen ins Gedächtnis zu rufen und ein Gespräch in Gang zu bringen, bieten alte Familienfotos. Erinnerungsstücke, die eine große Bedeutung im Leben des Erkankten hatten, lassen die Vergangenheit lebendig werden.

Ein Beispiel, wie ich biografische Informationen bei meiner Arbeit nutzen konnte:

Als ich Herrn XY besuchte, bemerkte ich gleich an seiner Mimik, Haltung und seiner Tonlage, dass es ihm gar nicht gut ging – was er mir auch sogleich mitteilt. Er beschreibt mir körperliche Schmerzen (Herz, Kopf und Bauchschmerzen). Nach einem kurzen Gespräch bin ich mir sicher, dass Herr XY sich nicht wohlfühlt, da er seine Frau vermisst, die erst vor wenigen Monaten verstorben ist. Dieses Vermissen löst ein Unwohlsein aus, das er nicht in Worte fassen kann. Er beschreibt, was das Gefühl ausgelöst hat. Mit einem Spaziergang versuche ich ihn aus der Umgebung zu holen, die seine negativen Erinnerungen momentan wachrufen. Nachdem ich auf seinen Schmerz eingegangen bin und ihn zugelassen habe, versuche ich jetzt mit den schönen und positiven Ereignissen, die er mit seiner Frau hatte, ihn von den negativen Gefühlen und Gedanken wegzubringen. Menschen mit Demenz sind nicht mehr in der Lage, alleine von den negativen Gefühlen und Gedanken wegzukommen. Sie verharren in den negativen Gefühlen und Gedanken.

Mit den Informationen, die ich von den Angehörigen für die Biografie erhalten hatte, gelang es mir, ihn von den negativen Gefühlen und Gedanken wegzuholen. Weiter war mir aus der Biografie bekannt, dass er gerne lange Spaziergänge gemacht hatte. Nun konnte ich ihn mit der Umgebung auf ganz andere Gedanken bringen. An der entspannten Haltung, dem Tonfall und dem gelösten Gesichtsausdruck war erkennbar, dass es ihm wieder gutging und er sich wieder wohlfühlte.

(Quelle: www.heike-henrich.de)

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